Parkpickerl – und was jetzt?

Visualisierung Brünnerstraße

Parkpickerl – und was jetzt?

Heidi Sequenz, Kilian Stark
Mit der Ausweitung des Parkpickerl wurden schlagartig viele Parkplätze leer. Wir präsentieren unseren 7 Punkte Plan für lebenswerte Grätzel, mehr Grün, mehr Sitzgelegenheiten, für aktive Mobilität und Begegnungsräume für Menschen.

Seit 1. März gilt das Parkpickerl in ganz Wien. Mit der Ausweitung des Parkpicklers auf Simmering, Hietzing, Floridsdorf, Donaustadt und Liesing wurden schlagartig viele Parkplätze leer. Doch es wird nicht lange so bleiben, denn bei jeder Ausweitung gab es den gleichen Effekt: Viele Autobesitzer:innen geben ihren Garagenplatz auf und parken dann um 0,30 € pro Tag wesentlich billiger im öffentlichen Straßenraum. In die nun leeren Garagen mieten sich Pendler:innen ein. Das Ziel einer Verringerung des Autoverkehrs wird dadurch konterkariert. 

Diesem negativen Effekt muss diesmal entgegengewirkt werden. Der freigewordene öffentliche Raum muss rasch genutzt werden: Für lebenswerte Grätzel, mehr Grün, mehr Sitzgelegenheiten, für aktive Mobilität und Begegnungsräume für Menschen. 

Es ist völlig unverständlich, warum die Umgestaltung der nun freien Parkplätze nicht schon vor der Ausweitung geplant wurde. Wollen die Bezirksvorsteher:innen tatsächlich darauf warten, bis sich die Garagen leeren und die Chance auf die sinnvolle Umnutzung des öffentlichen Raums vergeben wird?

WIR PRÄSENTIEREN 7 PUNKTE, WIE MAN DEN ÖFFENTLICHEN RAUM JETZT RASCH BESSER NUTZEN KANN:

  1. Bäume und Grünflächen verbessern das Mikroklima in der Stadt. Für derartige Projekte gibt es zB aus dem Programm „Raus aus dem Asphalt“ bereits jetzt hohe Förderungen aus dem Zentralbudget. Die jetzt leer stehenden Parkplätze erleichtern die Umsetzung. 
  2. Sämtliche Schulvorplätze sollen autofrei oder zumindest stark verkehrsberuhigt werden um Kindern Freiraum zu geben und die Sicherheit am Weg zur Schule zu erhöhen.
  3. Für Plätze und Straßen mit viel Fußgänger:innenverkehr sollen Projekte für Fußgängerzonen bzw. Begegnungszonen ausgearbeitet und umgesetzt werden.  
  4. Die Gehsteige gehören den Zufußgehenden. Parkende Autos haben dort nichts verloren.  Die Entfernung der entsprechenden Markierung kann innerhalb von Tagen erfolgen und kostet fast nichts. So kann Gehen rasch und kostengünstig attraktiver werden. 
  5. An Kreuzungen passieren die meisten Unfälle. An allen Kreuzungen sollen die rechtlich vorgeschriebenen 5 Meter-Abstände mittels Parkwinkel markiert werden. Das erhöht vor allem die Verkehrssicherheit.
  6. Schrägparkplätze sollen in Längsparkplätze umgewandelt werden. Das erhöht nicht nur die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer:innen, sondern bringt auch mehr Platz für Radweg-Projekte und Radfahren gegen die Einbahn. Die Autos ragen dann auch nicht mehr weit in den Gehsteig hinein.
  7. Neben wichtigen Lückenschlüssen im Radwegenetz können auch mehr Radständer in der Parkspur errichtet werden.

PLATZ FÜR 28.000 BÄUME IN WIEN

Von den 229.000 nun kostenpflichtigen Parkplätzen werden etwa 70.000 nun nicht mehr gebraucht. Die frei werdende Fläche von rund 100 Fußballfeldern muss schnellstmöglich den Menschen zurückgegeben werden. Auf dieser Fläche könnte man etwa 28.000 Bäume pflanzen. Zum Vergleich: auf der Ringstraße stehen ca. 2000 Alleebäume, also man könnte 14 Mal eine Ringstraßenallee pflanzen. 

EINBAHNEN FÜR RADVERKEHR ÖFFNEN

Bei der letzten Analyse 2020 waren in Wien insgesamt 130 Kilometer der Einbahnen nicht für Radfahren geöffnet. In Liesing sogar 80 Prozent, Simmering 67 Prozent, in Hietzing 59 Prozent. 

Oft sind den Bezirksvorsteher:innen Parkplätze wichtiger als kurze, sichere Wege für Fahrräder. Aber der 2. + 18. Bezirk haben vorgezeigt, wie es anders geht: in 5 Jahren haben es beide geschafft, dass jetzt der Großteil der Einbahnen geöffnet ist. 

GEHSTEIGE VERBREITERN, SITZGELEGENHEITEN SCHAFFEN

Während im Wiener Durchschnitt etwa 1/3 der Gehsteige zu schmal ist, das heißt unter zwei Meter, sind das in den neuen Parkpickerlbezirken 13., 21., 22. und 23. überdurchschnittliche viele:

Donaustadt 40%, Hietzing über 50%, Liesing sogar über 60%. Gerade Kinder und die ältere Generation erledigen einen überdurchschnittlich großen Anteil ihrer Wege zu Fuß. Sie sind auf sichere, ausreichend breite Gehwege angewiesen, schmale Gehsteige müssen daher rasch beseitigt werden. 

NGOs wie “Geht Doch” oder “Platz für Wien” fordern einen Maximalabstand von 250-300 Meter zwischen Sitzgelegenheiten. Auch die Stadt sieht den Ausbau vor, erhebt die Anzahl und Standorte aber nicht zentral, daher ist die Zielerreichung (800 zusätzliche Plätze bis 2025) nicht überprüfbar. Klar ist: durch das Parkpickerl wurde jetzt viel Platz für Sitzbänke frei.

BEISPIEL 1:

Im inneren Teil der Brünnerstraße in Floridsdorf fehlt seit langem ein Radweg. Schon vor langem lag ein Projekt dafür vor, aber Bezirksvorsteher Papai ließ es in der Schublade verschwinden, aus Angst Parkplätze könnten “verloren” gehen. Nun kann man die leeren Parkplätze für die Errichtung eines großzügigen Radwegs heranziehen und auch noch zusätzliche Bäume pflanzen.

BEISPIEL 2:

Kaisermühlen hat bisher unter den Pendlerautos besonders gelitten. In der Schödlbergergasse rund um die Volksschule und den Hans-Hass-Park werden Gehsteige zur Gänze als Parkplatz verwendet. In der Wiese daneben zeigen Trampelpfade eindeutig, dass hier Bedarf für einen Gehsteig besteht. Jetzt sind rund herum viele Parkplätze frei, weshalb der Gehsteig wieder den Fußgänger:innen zur Verfügung stehen muss. Es ist auch genug Platz um zusätzliche Bäume zu pflanzen.

BEISPIEL 3:

In der Fleschgasse in Hietzing blockierten die Autos der Pendler:innen vor dem 1. März als Schrägparker legal den halben Gehsteig. Jetzt sind viele Parkplätze leer. Wir schlagen vor, die Autos als Längsparker vom Gehsteig zu verbannen, zwischen den Parkplätzen Bäume zu pflanzen und einen breiten Radstreifen einzurichten.