Wien vor Wohnraub schützen

Foto der Dächer der Wiener Innenstadt

Immer mehr Wohnungen gehen für die Wiener:innen verloren, weil sie dauerhaft in Tourismus-Appartements umgewandelt werden. Die Folgen dieses Wohnraubes: Verdrängung von Mieter:innen, höhere Mieten und weniger Wohnungsangebot. Um den Verlust von leistbaren Wohnungen zu stoppen präsentieren wir fünf Grüne Maßnahmen für eine umfassende Regulierung von Airbnb & Co.

Eine aktuelle Analyse der Stadt Wien zeigt: Allein über die Plattform Airbnb werden mehr als 2.000 Wohnungen in Wien angeboten. So sind sie dem Wohnungsmarkt dauerhaft entzogen. Zwar fehlt ein vollständiges Bild über alle Anbieter hinweg, doch eines ist klar: Leistbare Wohnungen in großer Zahl gehen für die Wiener:innen verloren.

Der Rechnungshof empfahl der Stadt Wien bereits 2021, Missachtungen des Verbots gewerblicher Kurzzeitvermietungen in Wohnzonen konsequent zu verfolgen. Seitdem ist nichts passiert. Nach dem Ende der Pandemie steigen in Wien wieder die Zahlen von Wohnungen, die dauerhaft über Plattformen wie Airbnb oder Booking.com vermietet werden.

Georg Prack und Judith Pühringer präsentieren fünf Grüne Maßnahmen für eine umfassende Regulierung von Airbnb & Co
Georg Prack und Judith Pühringer präsentieren fünf Grüne Maßnahmen für eine umfassende Regulierung von Airbnb & Co

Wohnraub verursacht schwerwiegende Probleme: 

  • Es kommt zu einem Verlust von leistbaren Wohnungen und in der Folge zu einer Erhöhung der Mietpreise.
  • In touristisch stark frequentierten Gebieten entstehen menschenleere Geisterstädte, in denen niemand mehr wohnt und die umliegende Nahversorgungsinfrastruktur stirbt.
  • Für Mieter:innen und Anrainer:innen bedeuten unbetreute Tourismus-Appartements Belästigung durch Lärm.
  • Hotellerie und andere Beherbergungsbetriebe erleiden Einbußen durch unbetreute, nicht fachgerecht organisierte Konkurrenz.

Bisher ist in Wien die Nutzung von Wohnungen als Tourismus-Appartements nur für Gemeindebauten und Wohnungen in Wohnzonen eingeschränkt. Wir fordern eine umfassende Regulierung, um den Missbrauch des ursprünglichen Sharing-Gedankens durch dauerhafte Zweckentfremdung von Wohnungen zu beenden.

„Touristische Zweckentfremdung raubt jungen Menschen und Familien leistbaren Wohnraum. Die Stadt muss endlich die zunehmend aggressive Umwandlung von Wohnraum in Tourismus-Appartements regulieren.“

Georg Prack Landtagsabgeordneter, Wohnsprecher

5 Maßnahmen zum Schutz von leistbarem Wohnen

Wir schlagen 5 Maßnahmen gegen kommerzielle und dauerhafte Zweckentfremdung von Wohnraum vor. Diese sollen im Rahmen der Bauordnungsnovelle umgesetzt werden.

  1. Umfassende Regulierung in der ganzen Stadt

    Eine Wohnung dient dem längerfristigen Wohnbedarf und nicht der gewerblichen Kurzzeitvermietung. Deshalb soll der Begriff Wohnen in der Bauordnung dahingehend präzisiert werden. Mit dieser Regelung wird sichergestellt, dass kein zusätzlicher Wohnraum mehr durch touristische Zweckentfremdung verloren geht.
  2. Schutz durch Wohnzonen stärken

    Aktuell ist die Schutzwirkung von Wohnzonen durch Ausnahmen eingeschränkt – etwa durch die Schaffung von Ersatzwohnraum. Diese Ausnahme wird in der Regel aber missbraucht, um mietpreisgeschützte Wohnungen in guter Lage als Büroflächen oder für touristische Kurzzeitvermietung zu nutzen. Als Ersatzwohnraum entstehen teure Wohnungen im Luxussegment. Wir fordern, dass diese Ausnahme abgeschafft wird. Außerdem schlagen wir vor, die Ausweitung von Wohnzonen auf das gesamte Stadtgebiet zu prüfen.
  3. Servicestelle und öffentliches Register 

    Die Bevölkerung kann aktuell nicht prüfen, ob eine gewerbliche Kurzzeitvermietung oder andere Nutzungsformen von Wohnungen rechtswidrig sind. Wir fordern daher die Schaffung eines transparenten Wohnungsregisters. Das ermöglicht es der Bevölkerung, Wahrnehmungen über illegale touristische Kurzzeitvermietung rasch zu überprüfen und bei einer Servicestelle zu melden.
  4. Aufstockung der Baupolizei

    Die Durchsetzung einer umfassenden Regulierung von gewerblicher touristischer Kurzzeitvermietung bringt zusätzliche Aufgaben für die MA 37 (Baupolizei). Wir fordern daher eine Personalaufstockung bei der Baupolizei, damit rechtswidrige gewerbliche Kurzzeitvermietung konsequent verfolgt werden kann.
  5. Monitoring Zweckentfremdung

    Die Stadt führt bereits Erhebungen über das Ausmaß der touristischen Zweckentfremdung durch. Dabei werden allerdings nur Angebote auf der Plattform Airbnb berücksichtigt. Die Ergebnisse stellen daher eine Minimalschätzung dar und werden außerdem nicht regelmäßig veröffentlicht. Wir fordern die Einrichtung eines Monitorings über touristische Zweckentfremdung von Wohnungen und eine zumindest jährliche Veröffentlichung.

„Der Missbrauch des Sharing-Gedankens hat gravierende negative Folgen. Es ist höchste Zeit, dass die Stadt die Wienerinnen und Wiener vor diesem Wohnraub schützt.“

Judith Pühringer Beitragsbild Judith Pühringer Stadträtin, Parteivorsitzende

Wohnraub: Drei Beispiele 

Reichsapfelgasse 19, 1150 Wien

In einem Mehrparteienhaus wurde Ende 2022 begonnen, mehrere Wohnungen zu touristischen Zwecken zu vermieten. In einem Schreiben wurde allen Mieter:innen das Auslaufen der befristeten Mietverträge angekündigt. Das ganze Haus soll in Tourismus-Appartements umgewidmet werden. Bisher fehlt in diesem Gebiet eine Wohnzone, welche die Mieter:innen vor dem Wohnraub schützen könnte.

Sonnenfelsgasse 7, 1010 Wien

Im ersten Bezirk wurden 2021 58 leistbare Wohnungen in 65 Tourismus-Appartements umgewandelt. Die Umwidmung war nur aufgrund einer Ausnahmebestimmung möglich, die die Schaffung von Ersatzwohnraum in räumlicher Nähe vorsieht. Leistbare Mietwohnungen wurden gegen Dachgeschossausbauten im Luxussegment abgetauscht. Eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde eines Anrainers gegen den Bescheid ist noch anhängig.

Am Kohlmarkt 6, 1010 Wien

Foto des Hauses Am Kohlmarkt 6
Am Kohlmarkt 6. Hier werden bis zu 14 Wohnungen touristisch vermietet.

In einem Gründerzeithaus am Kohlmarkt werden bis zu 14 Wohnungen touristisch vermietet. Das Haus liegt in einer Wohnzone, in der touristische Kurzzeitvermietung zu gewerblichen Zwecken laut Wiener Bauordnung verboten ist. Das Haus steht im Eigentum der Liechtensteiner Firma „Amoy Establishment“, die in mehreren Quellen dem russischen Oligarchen Abramowitsch zugerechnet wird.