Das Grüne Modell für eine Wiener Leerstandsabgabe
Judith Pühringer, Georg Prack und Martin Margulies –
In Wien stehen Schätzungen zufolge mindestens 30.000 Wohnungen länger als 6 Monate leer, 10.000 Wohnungen sogar länger als zweieinhalb Jahre. Jede leerstehende Wohnung bedeutet, dass ein junger Mensch oder eine junge Familie weniger Chancen hat, eine leistbare Wohnung am Markt zu finden. Leerstand ist Wohnraub an den Wiener:innen. Wir stellen dir hier unser Modell für eine Wiener Leerstandsabgabe vor.
Warum stehen in Wien Wohnungen leer?
Die Gründe für Wohnungsleerstand in Wien sind vielfältig und reichen von der Spekulation mit gründerzeitlichem Altbau, über touristische Zweckentfremdung bis hin zu reinen Anlageobjekten. Leerstand wird in Wien derzeit weder besteuert noch systematisch erhoben.
Die Zahl von 30.000 über 6 Monate leerstehenden Wohnungen beruhen auf einer Schätzung. In Wirklichkeit dürften deutlich mehr Wohnungen nicht zum Wohnen zur Verfügung stehen. Die Einführung einer Leerstandsabgabe würde nicht nur dabei helfen den Leerstand zu reduzieren. Mit einer Leerstandsabgabe kann auch erstmals überhaupt festgestellt werden wieviele Wohnungen in Wien leerstehen.
„Uns gehts hier um Wohnungen, die das halbe Jahr oder mehr brach liegen. Dieser Leerstand ist Wohnraub an den Wiener:innen. Wir reden hier immerhin von 30.000 Wohnungen – und mehr. Wer mehrere Wohnungen besitzt und sie den Menschen vorsätzlich vorenthält, einfach nur aus Profitgier, der oder die soll dafür diese Leerstandsabgabe zahlen. Das ist nur fair gegenüber den zehntausenden und mehr Familien, die deshalb keine leistbare Wohnung finden.“
Judith Pühringer, Parteivorsitzende

Das grüne Modell für eine Wiener Leerstandsabgabe zielt auf den spekulativen Leerstand ab. Dieser hat im wesentlichen drei Gründe:
- Reine Anlageobjekte: Wohnungen werden als reine Geldanlage gebaut, weil sie eine höhere Rendite bringen als Geld am Sparbuch. Die Vermietung entfällt als Ziel der Anlage, weil Mieter:innen nur als Belastung für die Geldanlage gesehen werden.
- Spekulation mit Altbauten: Ziel der Spekulation ist es denkmalgeschützte, gründerzeitliche Gebäude verfallen zu lassen und durch einen gewinnbringenden Neubau zu ersetzen, in dem die Wohnungen nicht durch das MRG geschützt sind. Dazu werden Wohnungen nicht vermietet bzw. Mieter:innen aus den Wohnungen hinausgeekelt.
- Touristische Zweckentfremdung: Wohnungen werden nicht zum Wohnen genutzt, sondern zB via AirBnB an Tourist:innen vermietet. Ziel sind höhere Mieteinnahmen als durch eine reguläre Vermietung.
Wien hinkt Bundesländern hinterher
In anderen Bundesländern gibt es schon weitgehende Pläne für Abgaben auf Leerstand:
+ Das Bundesland Salzburg hat ein Begutachtungsverfahren für ein Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabengesetz abgeschlossen.
+ In Tirol hat die Landesregierung den Entwurf für ein Tiroler Freizeitwohnsitz- und Leerstandsabgabegesetz am 14. März 2022 in Begutachtung geschickt.
+ In der Steiermark hat die Landesregierung einen Begutachtungsentwurf für ein Steiermärkisches Zweitwohnsitz- und Wohnungsleerstandsabgabegesetz in Begutachtung geschickt.
Wien kann Leerstandsabgabe selbst einführen
Bundesländer brauchen für die Einführung einer Leerstandsabgabe den Bund nicht. Das zeigen die Begutachtungsentwürfe in Salzburg, Tirol u. der Steiermark vor. Die Gesetzesvorhaben in drei Bundesländern stützen sich auf die Rechtsmeinung, dass die Einführung einer moderaten Abgabe auf Leerstand durch Bundesländer jederzeit problemlos möglich ist.
Das VfGH-Erkenntnis, mit dem das Wiener Wohnungsabgabegesetz 1984 aufgehoben wurde, gibt den Bundesländern aber einen landesrechtlichen Rahmen mit:
- Die Höhe der Abgabe darf nicht so hoch sein, dass sie einem Zwang zur Vermietung gleich kommt, weil dann keine Einnahmen durch die Abgabe zu erwarten wären. → Das grüne Modell schlägt daher bewusst eine moderate Abgabe vor, die unter dem erzielbaren Richtwertzins liegt.
- Mit der Abgabe müssen Einnahmen erzielt werden, die über die Verwaltungsaufwand hinausgehen, damit der Abgabencharakter bestehen bleibt. → Das grüne Modell ist daher einfach gestaltet, um den Verwaltungsaufwand gering zu halten.
“Mit unserem Modell für eine Wiener Leerstandsabgabe wollen wir gezielt die Spekulation mit Leerstand bekämpfen und Wohnungen wieder für die Bevölkerung verfügbar machen. Wohnungen sind zum Wohnen da und nicht zum Spekulieren. Jede leerstehende Wohnung raubt jungen Menschen oder Familien ein mögliches Zuhause. Das wollen wir durch das grüne Modell für eine Wiener Leerstandsabgabe erschweren.”
Georg Prack, Wohnsprecher
Das Grüne Modell
Wir konzentrieren uns mit unserem Modell einer Leerstandsabgabe für das Bundesland Wien auf Wohnungen, die länger als 26 Kalenderwochen pro Jahr, also 6 Monate, leerstehen.
Für jede leerstehende Wohnung in Wien soll pro Jahr zwei Drittel des Richtwertmietzinses (derzeit 6,15 Euro) pro Quadratmeter bezahlt werden. Das wären zB für eine 50 Quadratmeter Wohnung 2.460 Euro/Jahr, für eine 75 Quadratmeter große Wohnung 3.690 Euro/Jahr und für eine 100 Quadratmeter große Wohnung 4.920 Euro pro Jahr.
Leerstandsabgabe pro Jahr in Euro

Leerstandsabgabe pro Monat in Euro

Höhe der Leerstandsabgabe in verschiedenen Modellen nach Wohnungsgrößen pro Monat

Höhe der Leerstandsabgabe in verschiedenen Modellen nach Wohngrößen pro Jahr

Ausnahmen bilden nach dem Grünen Modell:
+ Nutzung als Hauptwohnsitz
+ Nutzung als Nebenwohnsitz
+ Sanierung: Laut Sanierungsmeldung an die Behörde, die von der Behörde einer Kontrolle unterzogen werden kann.
+ Für die Dauer der Abwicklung eines Verlassenschaftsverfahrens.
+ Wohnungen im Eigentum einer gemeinnützigen Bau-, Wohnungs- und Siedlungsvereinigung oder eines
+ Unternehmen, dessen Betriebsgegenstand die Schaffung von Wohnraum ist bis zu einem Jahr ab Fertigstellung
+ Wohnungen, die von den Eigentümer:innen aus gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen nicht mehr als Wohnsitz verwendet werden können (bis zu fünf Jahren).
Bringschuld der Wohnungsbesitzer:innen
Die Leerstandsabgabe nach Grünem Modell ist eine Bringschuld der Abgabenschuldner:innen. Eine Meldepflicht besteht für alle leer stehenden Wohnungen (auch jene, die unter die Ausnahmen fallen). Kontrolliert wird das über einen automatisierten Abgleich von Gebäude- und Wohnungsregister mit dem Zentralen Melderegister.
„Ich würde mir ein bisschen mehr Mut seitens der Wiener Sozialdemokratie wünschen. Justizministerin Alma Zadic hat schon im Herbst auf den Handlungsspielraum der Länder verwiesen – mit Vorarlberg, Salzburg und der Steiermark arbeiten bereits drei Bundesländer daran. Lange leerstehende Wohnungen – sogenannte “Geisterwohnungen” – verursachen Infrastrukturkosten der öffentlichen Hand, die mit Steuermitteln kompensiert werden müssen. Da ist es nur recht und billig, dass die VerursacherInnen dieses Millionenschadens auch dafür zur Kasse gebeten werden.”
Martin Margulies, Budgetsprecher