Personalnot: Stadtregierung versagt bei Gesundheit, Kindern, Mobilität

Eine Pflegerin mit Mundschutz und blauem Oberteil kümmert sich um eine ältere Frau

Personalnot bei Gesundheit,
Kindern, Mobilität

Personalnot darf in Wien nicht zum Standard werden. Die Stadtregierung muss jetzt hinschauen, hinhören und hingreifen.

Kein Tag ohne Schlagzeile zur Personalnot in Wien: Im Gesundheitsbereich werden Krankenhäuser zu kranken Häusern. Im Bildungsbereich wird der Mangel zum Standard. Und wer in Wien derzeit Öffis fährt, steht sich erst einmal die Beine in den Bauch. Wir bringen daher einen Antrag für einen Sondergemeinderat zur Personalnot in der Wiener Daseinsvorsorge ein.

„Für alle Betroffenen besonders schmerzvoll ist, dass die Hilferufe von den politisch Verantwortlichen in der Stadt gar nicht gehört oder jedenfalls nicht ernst genug genommen werden. Politische Verantwortung funktioniert aber nicht nach dem Prinzip: Kann man halt nichts machen, blöd gelaufen, sollen es andere richten. Das ist nicht unsere Vorstellung von konstruktiver, lösungsorientierter und engagierter Stadtpolitik.“

Judith Pühringer, Parteivorsitzende

Gute Arbeitsbedingungen, die mehr Menschen Mut und Lust machen, als Ärztin, als Krankenpfleger, als Pädagoge oder als U-Bahn-Fahrerin zu arbeiten – solche attraktiven Rahmenbedingungen kann die Politik schaffen. Das Gebot der Stunde lautet daher: Nicht wegdrücken, sondern hinschauen. Nicht wegdebattieren, sondern hinhören. Nicht wegducken, sondern hingreifen. Die Stadtregierung muss alles in der eigenen politischen Macht stehende tun, um die Personalnot in Wien möglichst rasch zu entspannen und nachhaltig zu verbessern

Foto von Barbara Huemer und Judith Pühringer bei der Pressekonferenz zur Personalnot bei der Stadt Wien
Barbara Huemer und Judith Pühringer

Gesundheitssystem droht Kreislaufkollaps

Die Personalnot hat sich besonders im Wiener Gesundheitsbereich dramatisch zugespitzt. Bis 2030 werden 8.000 der ca. 30.000 Beschäftigten in Pension gehen. Personal ist aber bereits jetzt äußerst knapp. Alleine im Wiener AKH fehlen aktuell 200 Fachkräfte in der Pflege, im gesamten Wiener Gesundheitsverbund sind es sogar 2.000 Arbeitnehmer:innen

Die kinderpsychiatrische Versorgung in den Spitälern steht auf der Kippe. Patient:innen müssen monatelang auf eine Behandlung warten, Operationen müssen verschoben werden, Schwangere werden sogar abgewiesen.

„Unserer Medizin droht ein Kreislaufkollaps. Entweder wir bekommen diesen Kreislauf stabil – oder die Versorgungssicherheit in Wien wird labil. Mir fehlt jedes Verständnis dafür, dass da so getan wird, als hätte man die Pensionierungswelle nicht kommen sehen können”

Barbara Huemer, Gesundheitssprecherin

Wir fordern den zuständigen Gesundheitsstadtrat Hacker auf, sich den Problemen zu stellen und sie zu lösen. Dazu gehört ein verlässlicher, gemeinsam erarbeiteter Fahrplan, wie man aus dem Notbetrieb wieder in einen Normalbetrieb kommt: Arbeitsbedingungen müssen verbessert werden, damit das Personal nicht abwandert und bleibt. 

Es braucht mehr Planungssicherheit bei den Dienstplänen, flexible Arbeitszeit- und Anstellungsmodelle, neue Führungsstrukturen sowie einen Wiedereinstiegsplan und Anreize für jene, die ihren Job im Gesundheitsbereich aufgegeben haben. Medizinische Mangelfächer und Pflege müssen besser bezahlt werden. Wir fordern darüber hinaus mehr Ausbildungsplätze und bessere Ausbildung in der Pflege und bei Ärzt:innen. Mittelfristig muss es zu einer Arbeitszeitverkürzung (35h) bei vollem Lohnausgleich kommen. 

Kindergärten: Mangel wird zum Standard

Viele Kindergärten in Wien wissen nicht, wie sie noch alle Gruppen offenhalten sollen. Gruppen müssen zusammengelegt, Öffnungszeiten teilweise gekürzt werden. Viele Pädagog:innen müssen oft täglich den Spagat zwischen den eigenen hohen Ansprüchen und den realen Anforderungen meistern. Die strukturellen Mängel in der Elementarbildung verschärfen aber nicht nur die akute Personalnot, sondern lassen auch die Bildungsschere immer weiter aufgehen. 

Nicht einmal ein Viertel der Absolvent:innen, die in Wien die fünfjährige Bildungsanstalt für Elementarpädagogik abschließen, steigt nach der Matura in den Beruf ein. Die Rahmenbedingungen sind einfach zu unattraktiv – Rahmenbedingungen, die von den Ländern festgelegt werden und je nach Bundesland stark variieren. 

Entscheidend für eine bessere Personalsituation sind bessere Arbeitsbedingungen und die Senkung der Belastung. Wir fordern daher unter anderem eine Verbesserung des Personalschlüssels und des Fachkraft-Kind Schlüssels, kleinere Gruppen und mehr Vorbereitungszeit für die Pädagog:innen sowie höhere Gehälter in allen elementarpädagogischen Einrichtungen und eine wirksame Ausbildungsoffensive.

Wiener Öffis stottern unter Personalnot

Am 3. November wurde bei den Wiener Linien angekündigt, dass es zu Kürzungen bei 20 Bus- und Tramlinien kommt. Es gibt zu wenig Personal, um den Fahrplan einzuhalten. Längere Intervalle sollen helfen, kurzfristige Ausfälle und damit viel längere Wartezeiten zu vermeiden. Dennoch gibt es auch jetzt immer noch Ausfälle. Das bedeutet verpasste Anschlüsse oder verspätete Ankunft in der Arbeit für die Fahrgäste. Das führt nicht zum Umsteigen in klimafreundlichen Verkehr, sondern treibt sogar Menschen ins Auto. 

Auch hier könnte die Stadtpolitik gegensteuern: Zum Beispiel mit höherem Gehalt und attraktiveren Dienstzeitmodellen. Konsequente Bevorrangung der Öffis an Kreuzungen würde die Personalnot durch kürzere Fahrzeiten abfedern, dafür müsste die Stadtregierung die verkehrspolitischen Prioritäten auf Klimaschutz ändern.