100.000 neue Bäume für Wien

Foto der Fassade eines Gründerzeithauses durch die Blätter einer Baumkrone aufgenommen

100.000 neue Bäume für Wien

Der nächste Hitzesommer steht bevor – und es wird nicht der letzte sein. Wir brauchen rasch Abkühlung und dazu gehören vor allem Bäume. Wir präsentieren einen Masterplan für mehr und gesündere Bäume in Wien.

Paris sorgt mit einer Baum-Offensive für Schlagzeilen: Bis 2026 will man 170.000 neue Bäume pflanzen. Auch andere Städte wie Barcelona oder Zürich und viele deutsche Städte setzen auf Baumpflanzungen im großen Ausmaß, um für die Klimakrise gewappnet zu sein.

Bäume sind natürliche Klimaanlagen

Bäume spenden Schatten und kühlen die Umgebung ab. Bäume können die Luft in der Stadt um 2-8°C abkühlen und die gefühlten Temperaturen um bis zu 18°C reduzieren. Je größer ein Baum ist, umso mehr Wasser verdunstet er und umso mehr kühlt er. Daher ist es dringend notwendig, Stadtbäume zu schützen, denn ein junger Baum braucht viele Jahre, um die Kühlleistung von älteren Bäumen zu erbringen.

Bernhard Seitz, Peter Kraus und Huem Otero
Bernhard Seitz, Peter Kraus und Huem Otero

„Wir fordern 100.000 neue Bäume in der Stadt – und das so schnell wie möglich. Sie sind wichtige Schattenspender und die besten Klimaanlagen!”

Peter Kraus Beitragsbild Peter Kraus Stadtrat, Parteivorsitzender

Unnötige Baumfällungen

Trotz der großen Bedeutung für das Klima ist der Baumschutz in Wien nicht zufriedenstellend: Bäume werden viel zu oft für Bauvorhaben gefällt. Ein aktuelles Beispiel ist die Fällung von 14 erwachsenen und bis vor kurzem gesunden Bäumen in der Lassallestraße im 2. Bezirk. Nun werden an der Stelle Parkplätze errichtet.

schlechte Baumpflege

Leider beobachten wir in Wien auch immer wieder, dass neue Bäume nicht ausreichend gepflegt und bewässert werden: Laut dem Stadtrechnungshofbericht vom Mai 2023 sterben 39% der Jungbäume in acht untersuchten Wohnhausanlagen von Wiener Wohnen innerhalb der ersten zwei Jahre wieder ab und müssen erneut nachgepflanzt werden.

Zu kleine Baumscheiben tragen dazu bei, dass sich Bäume von Stressfaktoren nur langsam erholen können. Dabei sind die ersten Jahre in der Anwuchspflege besonders wichtig. Eine Ersatzpflanzung gilt außerdem erst als erfüllt, wenn der neue Baum nach fünf Jahren keine Schäden aufweist.

„Leider ist der Baumschutz ist in Wien nicht zufriedenstellend. Bäume werden viel zu oft für Bauvorhaben gefällt, schlecht gepflegt und nicht ausreichend bewässert. Es ist Zeit, dass die Stadt Wien den Schutz und die Pflege unserer Stadtbäume zur Priorität macht!“

Huem Otero García Landtagsabgeordnete, Umweltsprecherin

fehlende Nachpflanzungen

Die Rot-Pinke Stadtregierung behauptet außerdem, sie würde große Baumpflanzinitiativen setzen: 25.000 neue Bäume sollen laut Koalitionsabkommen bis 2025 im Straßenraum gepflanzt werden und „bis zu 3.000“ an neuen Standorten. Allein im Jahr 2021 seien 4.500 neue Bäume gepflanzt worden. Es wird damit suggeriert, Wien wäre um 4.500 Bäume grüner geworden. Wie viele Bäume entfernt und nachgepflanzt werden müssen, wird jedoch verschwiegen.

Eine Anfrage von uns zeigte nun: Allein im Jahr 2021 wurden 2.500 Bäume zu wenig durch die Stadt nachgepflanzt. Das bedeutet: 25.000 neue Bäume sind nicht nur wenig ambitioniert. Der Magistrat kommt nicht einmal seinen Verpflichtungen nach, ausreichend Bäume nachzupflanzen, wenn Bäume entfernt wurden.

„Im zweiten Bezirk wurden letztens in der Lassallestraße sogar 14 Bäume gefällt und an ihrer Stelle Parkplätze errichtet! Die SPÖ-geführte Stadt schafft es nicht, unsere Bäume zu schützen. Das muss sich endlich ändern!“

Porträtfoto Bernhard Seitz Bernhard Seitz Bezirksvorsteher-Stellvertreter, Grüne Leopoldstadt

Grüner Masterplan: mehr und gesündere Bäume in Wien

100.000 neue Bäume pflanzen

Mit Neupflanzungen hie und da ist es in Wien nicht mehr getan. Es muss groß gedacht werden, wenn es um die Abkühlung der Großstadt geht. Die Grünen Wien fordern daher 100.000 neue Bäume an neuen Standorten für Wien – und das so schnell wie möglich. Schließlich dauert es eine Zeit, bis Bäume große Schattenspender werden.

Um die katastrophalen Auswirkungen der Klimakrise möglichst gering zu halten, muss im Durchschnitt mindestens 30 Prozent der Stadtfläche von Bäumen beschattet sein. Das empfiehlt eine aktuelle Studie aus der Fachzeitschrift „The Lancet“. In Wien sind aktuell nur 15% der Fläche der Stadt durch Bäume beschattet – in Graz sind es immerhin 26%.

Mehr Ressourcen für Bäume

Um mehr Bäume über den Sommer zu retten, brauchen die zuständigen Magistratsabteilungen mehr Personal, mehr Fahrzeuge, eine bessere Logistik und mehr Budget. Der Großteil der Hydranten muss auf gießfreundliche Wasseranschlüsse umgerüstet werden, da mit den Tankwägen die benötigten Wassermengen nicht mehr sinnvoll transportiert werden können. Besonders hitzegefährdete Bäume müssen ausfindig gemacht werden und prioritär gegossen werden.

Standorte verbessern

Zahlreiche Bäume im öffentlichen Raum sterben, da ihre Lebensbedingungen für Wachstum und Erhalt nicht ausreichen. Für einen lebensfähigen Baumbestand für die nächsten 100 Jahre müssen ab sofort und dringend die Standortbedingungen verbessert werden. Das bedeutet: höhere Standards für Baumscheiben bei Baumsanierungen und Nachpflanzungen.

Die Bausünden der letzten Jahrzehnte, wie zu kleine Baumscheiben, holen uns heute ein. Alle Standorte brauchen außerdem mehr Schutz vor Salz, Hundeurin und Schäden durch KFZ.

Weitsichtige Pflege- und Pflanzpraxis

Die aktuelle Praxis für Pflanzung und Pflege unserer Stadtbäume muss dringend angepasst werden. Dazu gehört, gängige Praktiken wie etwa beim Baumschnitt zu hinterfragen: Um mehr Schatten für den öffentlichen Raum zu gewinnen, müssen großkronige statt kleinwüchsiger oder säulenförmiger Bäume gepflanzt werden. Der Sortenkatalog der Stadt ist einseitig, schließt Obstbäume generell aus und schafft die Gefahr einer Monokultur.

Das Stadtbild der Zukunft wird schon heute durch eine klimagerechte und innovative Artenwahl geplant. Wenn möglich und sinnvoll ist die Pflanzung in höheren Baumschulklassen vorzuziehen.

Nachhaltiges Regen- und Abwassermanagement

Wien ist zu Recht stolz auf die Versorgung mit hochwertigem Trinkwasser, doch eine ständige Bewässerung damit ist nicht nachhaltig, sondern Luxus. Die Versorgung unserer Straßenbäume mit Regenwasser muss Standard werden.

Wir haben schon vor einem Jahr im Zuge der Bauordnungsnovelle ein Regenwassermanagement gefordert. Wir freuen uns, dass im jetzigen Entwurf der Bauordnung das auch berücksichtigt wurde. Offen bleibt, wie konkret Regenwasser für die Baumbewässerung eingesetzt werden soll. Auch die Nutzung von sog. Grauwasser, d. h. fäkalienfreies Abwasser aus Haushalten, führt uns ein Stück in Richtung effiziente und nachhaltige Bewässerung der Stadtbäume. Hierfür müssen auch die Grundlagen erst geschaffen werden.

Strengere Handhabung und Kontrolle des Baumschutzgesetzes

Es muss alles getan werden, um alten Bäumen eine Chance auf Weiterleben zu geben. Problematisch sind dabei die undurchsichtigen Verfahren der MA42, die über das Weiterleben eines Baums bestimmen. Eine genaue und nachvollziehbare Überprüfung des Zustandes der Bäume (durch geeignete Tests) und mögliche Pflegemaßnahmen sind das Mindeste. Auf den Baustellen selbst sichert nur die konsequente und laufende Kontrolle das Überleben der Bäume. Die Strafzahlungen für einen Verstoß müssen spürbar angehoben werden.

Laut aktuellem Entwurf der neuen Bauordnung soll es ein „Baumschutzkonzept“ bei allen Baumaßnahmen geben. Wie genau dieses aussehen soll, geht aus dem Entwurf nicht hervor. Die Grünen werden daher genau drauf schauen, wie dieses Baumschutzkonzept konkret umgesetzt wird.

Digitalisierung & mehr Transparenz

Mit dem digitalen Baumkataster können wesentliche Grundlagen für die Bestandsentwicklung unserer Stadtbäume geschaffen und kommuniziert werden. Aktuell fehlen aber für Bürger:innen, Politik und Wissenschaft wertvolle Informationen wie etwa Bäume von stadt- und staatsnahen Unternehmen. Merkmale, Diagnosen und Maßnahmen müssen systematisch erfasst sein. Der Baumkataster muss auch einen historischen Rückblick auf den Baumbestand ermöglichen.

Vollzug und Überwachung des Baumschutzgesetzes in den Magistratischen Bezirksämtern muss transparenter werden. Das Verfahren um Baumfällungen muss öffentlich gestaltet werden, Fällungsbescheide müssen öffentlich einsehbar sein.