Huem Otero García

Landtagsabgeordnete
Sprecherin für Umwelt und Ernährung

„Die Klima- und Umweltkrise ist nicht auf privater Ebene zu bewältigen. Wir brauchen eine grundlegende Umgestaltung unseres Wirtschaftssystems im Zuge einer sozialökologischen Transformation.“

Huem auf Social Media

mein Spezialgebiet: Umweltschutz

Die größten herausforderungen im UmweltBEREICH?

Dein politisches Einsatzgebiet ist der Umweltschutz. Was sind die größten Herausforderungen und was machen wir Grüne da?

Das ist eindeutig der Klimaschutz. Als größte Herausforderung stellt sich in Wien auf politischer Ebene die Mobilitätswende dar. Es ist bemerkenswert, in welchem Jahrhundert die SPÖ stecken geblieben ist.

Die Klimakrise erfordert eine radikale Stadtbegrünung und leider müssen wir feststellen, dass der bestehende Baumbestand in Wien nicht ausreichend geschützt wird. Baumschutz als Klimawandelanpassungsmaßnahme muss zur Priorität in dieser Stadt werden. Dafür setzen wir uns Grüne ein.

Beim Thema Ernährung sind wir noch nicht dort, wo wir sein sollten. Wir setzen uns für biologische und regionale Lebensmittel im Bereich der öffentlichen Verpflegung in Wiens Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und Pensionist:innenwohnheime ein.

Eine Riesenaufgabe kommt auf uns im Bereich der Wärmewende zu. Während unserer Regierungsbeteiligung in Wien haben wir viele Pflöcke eingeschlagen, um heizen und wohnen klimaneutral zu gestalten.

Im Bund konnten die Grünen schon sehr viele Erfolge für den Klimaschutz verbuchen. Das Klimaticket, der Stopp der Lobauautobahn, die Rekordbudgets für die thermische Sanierung und den Heizungstausch, für den Radverkehr und für die Bahn zeigen sehr gut, dass mit uns in der Bundesregierung in Sachen Klimaschutz was weiter geht.

Lobau bleibt?

Stichwort: „Lobau bleibt“. Wie oft warst du bei den Stadtstraßenbesetzer:innen im mittlerweile geräumten Camp und was nimmst du von ihnen mit in die Politik?

Bis zur Räumung war ich fünf Mal vor Ort. Ich nehme ihre Entschlossenheit mit, ihre Kreativität und Fähigkeit Bündnisse zu bilden und sich so schnell und so gut zu organisieren

Thema Ernährung: Isst du Fleisch? Werden wir mit vegetarischer oder veganer Ernährung die Welt oder zumindest das Klima retten?

Ich ernähre mich zum Großteil vegetarisch/vegan, aber hin und wieder esse ich Fleisch. Die Landwirtschaft ist einer der größten Verursacher von Treibhausgasemissionen und die Fleischproduktion spielt hier eine wesentliche Rolle.

Eine vegetarische/vegane Ernährung ist ein Beitrag, den jede:r für den Klimaschutz leisten kann, denn wir müssen den Konsum tierischer Produkte drastisch reduzieren. Das darf aber nicht auf eine Frage der persönlichen Entscheidungen reduziert werden.

Politische Lösungen sind dringend nötig, denn die Klima- und Umweltkrise ist nicht auf privater Ebene zu bewältigen. Was wir brauchen, ist eine grundlegende Umgestaltung unseres Wirtschaftssystems im Zuge einer sozialökologischen Transformation.

Je mehr Menschen sich allerdings vegetarisch/vegan ernähren, umso einfacher ist es auch politische Maßnahmen zur Reduktion der Fleischproduktion umzusetzen, insofern hat in dieser Frage das persönliche Konsumverhalten durchaus eine politische Komponente.

mein antrieb, politikerIn zu werden

Warum bist du Politikerin geworden?
Die Frage der Gerechtigkeit auf der Welt hat mich immer bewegt. Ich begann mich während Schwarz Blau I politisch zu engagieren. Erst während des Studiums stieß ich über die GRAS zu den Grünen. Ich war auch in der NGO-Szene sowohl beruflich als auch ehrenamtlich aktiv. Die Entscheidung in die Politik zu gehen war letztlich nur eine logische Konsequenz daraus.

Ist es manchmal auch frustrierend?
Es braucht jedenfalls einen langen Atem und manchmal dauert es sehr lange, bis Dinge umgesetzt sind, manchmal passiert das auch nie. Aber aufgeben ist keine Option.

Warum macht es Spaß, Politikerin zu sein?
Es ist schön, jeden Tag aufzustehen und zu wissen, dass ich mich hauptberuflich für eine bessere Welt einsetzen kann. Das ist ein großes Privileg und ich bin sehr dankbar dafür. Es macht Spaß, Teil eines großartigen Teams zu sein, gemeinsam Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Und manchmal muss ich bei einigen Wortmeldungen im Gemeinderat auch richtig lachen.

In der Politik muss man Kompromisse schließen, fällt dir das schwer?
Demokratie ist das Aushandeln von Interessen und das heißt, Kompromisse eingehen.

DIE ZUKUNFT AUS
MEINER PERSPEKTIVE

DIE GRÖSSTEN und
kleinsten Probleme?

Was sind für dich die großen und kleinen ungelösten Probleme unserer Zeit?

Groß: Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Wenn wir die nicht lösen, brauchen wir uns keine Gedanken mehr über die kleinen Probleme zu machen.

Klein: Wo zum Teufel verschwinden immer die Socken und Haargummis hin?

GROSSARTIGE DINGE AUS
ANDEREN METROPOLEN?

Was sind die drei großartigsten Dinge, die wir aus New York, London, Paris, Barcelona, Belgrad, Berlin oder aus einer anderen Metropole dringend nach Wien bringen müssen?

Ich würde gerne die Ciclovía aus Bogotá nach Wien bringen. Jeden Sonntag und an allen Feiertagen werden wichtige Hauptstraßen zwischen 7:00 und 14:00 Uhr vom Autoverkehr befreit und ausschließlich für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen geöffnet. Auf 127 km Länge können sich Menschen sportlich betätigen, es gibt auch gratis Fitness-Angebote für alle Altersklassen. Dieser beliebte Treffpunkt vereint Menschen aus allen sozialen Schichten, entschleunigt und spart der Stadt jede Menge Ausgaben im Gesundheitsbereich.

Aus Kopenhagen können wir uns ihre Strategie, die Bioquote in der öffentlichen Verpflegung zu erhöhen, abschauen. Seit 2015 haben sie 90 % Biolebensmitteln in allen öffentlichen Kantinen. Hier wurde, anstatt nur konventionelle Ware durch Bioware zu ersetzen, auf einen ganzheitlichen ökologischen Veränderungsprozess in den Köpfen und Töpfen gesetzt. Durch die Änderung der Gewohnheiten in Bezug auf die Zusammensetzung der Menüs und die Erzeugung der Mahlzeiten ist ein nachhaltiger Umbau zu nahezu 100 % Bio ohne zusätzliche Kosten möglich. Diese Strategie braucht anfängliche Investitionen für einen nachhaltigen Umbau der öffentlichen Verpflegung.

Das Konzept der „essbaren Stadt“ wurde in Andernach (Deutschland) im Jahr 2010 ausgerufen. Die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt, die städtischen Grünflächen nicht nur für die Augen, sondern auch durch Duft und Geschmack erlebbar zu machen. Statt „Betreten verboten“ heißt es nun im öffentlichen Raum „Pflücken erlaubt“, denn die Stadt pflanzt z.B. Gemüsebeete, die von allen Bürger:innen beerntet werden können. Das hat nicht nur zu einer Verbesserung des Gemeinschaftsgefühls und der Identifizierung mit der eigenen Stadt geführt, sondern auch die Pflegekosten durch die Umstellung von Wechselflorbeeten (z.B. Tulpen) auf heimische Staudenpflanzen reduziert.

WIE SIEHT das Wien
deiner Träume AUS?

Meine Tochter fährt täglich auf einem sicheren Radweg in die Schule. Dort bekommt sie – wie alle anderen Kinder in Wien – vor der Nachmittagsbetreuung ein gesundes Mittagessen aus biologischer und regionaler Produktion. Auf dem Heimweg nimmt sie noch Salat für das Abendessen aus einem der vielen Gemeinschaftsgärten im Grätzl mit.

ICH PRIVAT

Welche Hobbies hast du?
Ich gehe sehr gerne laufen. Ich koche und backe auch sehr gerne. Derzeit kippe ich gerade auf kolumbianische Gerichte in ihrer veganen Version rein.

Deine Lieblingsbuchhandlung?
Ich bin ein Fan der Städtischen Büchereien. Wir sollten generell mehr teilen und weniger besitzen. Meine Bücher kaufe ich beim Buchkontor im 15. Bezirk – die haben auch eine großartige Kinderabteilung.

Dein Lieblingsgeschäft:
Mein Lieblingsgeschäft ist MILA – ein Mitmachsupermarkt in Ottakring.

Dein Lieblinglokal? Lokal? Was ist das?

Wer ist dein Vorbild?
AOC. Sie ist kämpferisch, erfrischend und authentisch. (Anm.: AOC = Alexandria Ocasio-Cortez, demokratische Abgeordnete in den USA)

Worüber kannst du lachen?
Kaisermühlenblues.

Was ist das politisch unkorrekteste, das du je gemacht hast?
Ich führe ein Leben voller politisch unkorrekter Entscheidungen und werde meinen eigenen Ansprüchen oft nicht gerecht. Niemand ist perfekt. Das beginnt beim Essen und Konsumverhalten und manchmal lache ich auch über politisch unkorrekte Witze. Wichtig für mich ist immer der Kontext und die politische Richtschnur.

Huem Otero García

Geboren 1984 in Bogota (Kolumbien)
aufgewachsen in Wien

Umweltsprecherin
Diplomstudium der Kulturtechnik und Wasserwirtschaft​ (BOKU)
Verheiratet, 2 Kinder

Pressefoto Huem Otero García